<p>WIR SIND FÜR SIE DA!</p>
Service

WIR SIND FÜR SIE DA!

Umgangskontakte bei andauernden Konflikten

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 03.02.2004

Norm: § 1666 BGB, § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, § 1686 BGB

Schlagworte:

 

Umgangspfleger, andauernde Konflikte zwischen den Eltern, Einhaltung der Umgangsregelung, Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Jugendamt, Übertragung der Erfüllung des Auskunftsrechts auf das Jugendamt, keine konstruktive Kommunikation zwischen den Eltern

Redaktionelle Zusammenfassung

Das Familiengericht hatte in einem Beschluss die elterliche Sorge für die zwei knapp siebenjährigen Kinder auf die Mutter übertragen und das Umgangsrecht des Vaters geregelt. Der Vater legte Beschwerde gegen die Übertragung des Sorgerechts und die Umgangsregelung und die Mutter Beschwerde gegen die Umgangsregelung ein. Das Oberlandesgericht hat das Sorgerecht mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf die Mutter übertragen, einen Umgangspfleger bestellt und das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Auskunftsrecht des Vaters auf das Jugendamt übertragen. Die Kinder leben weiterhin bei der Mutter.

In mehr als zwei Jahren ist es beiden Eltern nicht gelungen, trotz intensiver Unterstützung durch Umgangspflegerin, Beratungsstelle und Jugendamt normale Umgangskontakte zwischen Vater und Kindern herzustellen und die heftigen Konflikte zu vermindern.

Drei Sachverständigengutachten, die jeweils im Abstand von einem Jahr erstellt wurden, haben ergeben, dass die Beziehung zum Vater für die Entwicklung der Kinder von grundlegender Bedeutung ist und dass es trotz der deutlichen Belastungen unter den gegebenen Umständen unerlässlich ist, den Kindern die Beziehung zum Vater zu erhalten. Zwar ist der Vater aufgrund eigener großer emotionaler Bedürftigkeit den Kindern gegenüber nur eingeschränkt in der Lage, die angemessene Distanz ihren Bedürfnissen gegenüber einzuhalten, um regulierend auf sie einwirken zu können. Insofern ist ein Wechsel der Kinder von der Mutter, die sie in den letzten Jahren allein betreut hat, zum Vater keine wirkliche Alternative. Andererseits besteht zwischen den Kindern und der Mutter großes Konfliktpotential, weil diese dazu neigt, mit großer Härte die ihr fremden Bedürfnisse und Impulse der Kinder zu bekämpfen. Deshalb ist es nach Ansicht der Sachverständigen für die Kinder unerlässlich, dass der Vater als elterliche Zweitperson zur Verfügung steht, auch wenn die Kinder an dem immer wieder erlebten Loyalitätskonflikt der Eltern, die sich hassen, deutlich leiden.

Laut Einschätzung des Oberlandesgerichts ist derzeit jeder Elternteil allein nicht in der Lage, den Kindern ausreichend Geborgenheit und Sicherheit für ihre Entwicklung zu vermitteln, zugleich erleben die Kinder aber beide Eltern als für sie wichtig. Die Eltern sind damit überfordert, die zwischen ihnen auftretenden Konflikte selbst zu lösen. Trotz intensiven Einsatzes der Umgangspflegerin konnten keine Umgangskontakte zwischen Vater und Kindern stattfinden, ohne von heftigen Konflikten der Eltern begleitet zu werden.

Normale Bedingungen für einen Umgangskontakt mit dem Vater sind nach Ansicht des Gerichts erst hergestellt, wenn er die Kinder am Wochenende zu sich nach Hause nehmen kann und wenn sie auch bei ihm übernachten.

Ohne Hilfe Dritter ist zu erwarten, dass eine Kooperation zwischen den Eltern an deren Konflikten miteinander nach kürzester Zeit scheitert. Die erforderliche Hilfe kann am besten geleistet werden, wenn sie mit Entscheidungsbefugnissen verbunden ist für den Fall, das einem der Eltern keine Kooperation gelingt. Die Erfahrungen des Oberlandesgerichts - auch im vorliegenden Fall - haben gezeigt, dass ein bloßer Umgangspfleger in vergleichbaren Konfliktsituationen für erforderlich gehaltene Maßnahmen zumeist nicht durchsetzen kann. Um die Einhaltung der Umgangsregelung künftig sicherzustellen, übertrug das Gericht gemäß § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch die Zuständigkeit für den Umgang auf einen Umgangspfleger und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder auf das Jugendamt.

Da die Kinder bei der Mutter leben, hat das Gericht das Sorgerecht im übrigen auf die Mutter übertragen, weil dies dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Da die Eltern derzeit zu einer konstruktiven Kommunikation die Kinder betreffend nicht in der Lage sind, ist eine gemeinsame elterliche Sorge nicht praktizierbar.

Der Vater hat ein berechtigtes Interesse daran, sich ein umfassendes Bild von der Entwicklung seiner Kinder machen zu können. Da das Gericht erwartet, dass die Auskunftswünsche des Vaters und deren Erfüllung durch die Mutter das Streitklima zwischen den Eltern immer wieder aktualisieren und eine Normalität erschweren werden, übertrug es auch die Erfüllung des Auskunftsrechts des Vaters nach § 1686 Bürgerliches Gesetzbuch auf das Jugendamt.

Diese Entscheidung im Original nachlesen

http://www.hefam.de/urteile/1UF28400.html