Umgangsausschluss: Zu den Anforderungen an das gerichtliche Verfahren
Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 09.05.2007
Norm: Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, § 1684 Abs. 4 BGB
Schlagworte:
Umgangsausschluss, Elternrecht, Anforderungen an die Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens, persönliche Anhörung des Kindes, persönlicher Eindruck von den Eltern des Kindes, Verwerfen eines Sachverständigengutachtens
Redaktionelle Zusammenfassung
Der nicht mit der Mutter verheiratete Vater wendet sich gegen einen Umgangsausschluss. Das Bundesverfassungsgericht entschied, den Umgangsausschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Das Umgangsrecht steht unter dem Schutz des Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nur dann anzuordnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren.
Der Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen. Dazu müssen sich die Gerichte mit den Besonderheiten des Einzelfalls auseinandersetzen, die Interessen der Eltern sowie deren Einstellung und Persönlichkeit würdigen und auf die Belange des Kindes eingehen. Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist. Gerichte müssen ihr Verfahren so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können. Nach Maßgabe des § 50 b des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat das Gericht in einem Verfahren über die Umgangsregelung das Kind persönlich zu hören.
Das Abweichen von einem fachpsychologischen Gutachten bedarf einer eingehenden Begründung und des Nachweises eigener Sachkunde des Gerichtes. Außerdem muss das Gericht dann anderweitig über eine möglichst zuverlässige Grundlage für die am Kindeswohl orientierte Entscheidung verfügen.
Das Oberlandesgericht hatte seine Entscheidung zum Umgangsausschluss unter Verwerfung eines erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens ausschließlich auf den Akteninhalt gestützt, ohne sich einen persönlichen Eindruck von den Eltern des Kindes gemacht oder das sechsjährige Kind persönlich angehört zu haben. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes ist es nicht ausgeschlossen, dass das Oberlandesgericht bei Beachtung der sich aus dem Elternrecht des Vaters ergebenden Anforderungen an die Verfahrensgestaltung zu einem für den Vater günstigeren Ergebnis gekommen wäre.