Kein Umgangsrecht für Großeltern bei massivem Loyalitätskonflikt
Oberlandesgericht Hamm
Beschluss vom 25.05.2005
Norm: § 1685 Abs. 1 BGB
Schlagworte:
Umgangsrecht der Großeltern, Umgang muss dem Wohl des Kindes dienen, Loyalitätskonflikt
Redaktionelle Zusammenfassung
Die Großeltern beantragen die gerichtliche Regelung ihres Umgangsrechtes mit ihren Enkelkindern. Die Eltern der Kinder, ihre Tochter und ihr Schwiegersohn, verweigern jede Kontaktaufnahme mit den Großeltern sowohl für sich selbst als auch für die Enkelkinder. Diese Kontaktverweigerung besteht schon seit fast 10 Jahren und fand ihren Anfang bereits vor Geburt der Enkelkinder. Die Großeltern haben deshalb ihre Enkelkinder bisher nicht gesehen. Der Antrag der Großeltern blieb ohne Erfolg.
Gemäß § 1685 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch haben die Großeltern einen Anspruch auf Umgang mit ihrem Enkelkind, wenn dies dem Wohl des Kindes dient.
Zwar dient es grundsätzlich dem Wohl eines Kindes, Umgang mit den Großeltern zu pflegen, um das komplexe Beziehungsgeflecht der Familienstrukturen zu erfahren und vielfältige emotionale Bindungen aufzubauen. Ist die Beziehung zwischen Großeltern und Eltern jedoch so schwerwiegend gestört wie im vorliegenden Fall, bleiben diese Störungen den Kindern nicht verborgen und sie leiden unter dem Streit der Erwachsenen. Selbst wenn sie den Kontakt zu den Großeltern als solchen genießen, geraten sie in einen Loyalitätskonflikt, weil sie spüren, dass diese positiven Emotionen von den Eltern missbilligt werden.
Bei einer so schwerwiegend gestörten Beziehung zwischen den Großeltern und der Mutter, wie sie im vorliegenden Fall vom ermittelnden Gericht durch die Anhörung der Großeltern, der Eltern und der Enkelkinder sowie durch einen Jugendamtsbericht festgestellt wurde, muss die Wahl zwischen zwei Übeln getroffen werden: Einerseits den Kindern die möglicherweise vorteilhafte Beziehung zu den Großeltern vorzuenthalten oder sie andererseits dem Loyalitätskonflikt mit ihrer Mutter auszuliefern, die die Ablehnung solcher Besuchskontakte nicht verbergen kann.
Für das Wohl der Kinder ist die konfliktfreie Beziehung zur Mutter, die die Hauptbezugsperson der Kinder ist und ihnen außer der Beziehung zu den Großeltern alles bietet, was sie zu einem gesunden Aufwachsen brauchen, wichtiger und der Verzicht auf die Beziehung zu den Großeltern das kleinere Übel.
Unter den gegebenen Umständen konnte nach Ansicht des Oberlandesgerichtes nicht festgestellt werden, dass der Umgang dem Wohl der Kinder dienen wird. Vielmehr ist wegen der bestehenden Beziehungsstörung zwischen Eltern und Großeltern die Entwicklung des Kontaktes zwischen Enkelkindern und Großeltern nicht abzusehen und könnte dem Wohl der Kinder schaden.
Die Voraussetzung für eine gerichtliche Umgangsregelung zwischen Großeltern und Enkeln liegen damit nicht vor.