Kein Beschwerderecht der Pflegeeltern gegen Umgangsentscheidungen
Bundesgerichtshof
Beschluss vom 13.04.2005
Norm: § 20 FGG, Art.6 GG
Schlagworte:
Kein Beschwerderecht der Pflegeeltern gegen Entscheidungen, die den Eltern ein Umgangsrecht mit dem Kind einräumen
Redaktionelle Zusammenfassung
Die Pflegeeltern eines Kindes wenden sich gegen einen amtsgerichtlichen Beschluss, der dem Vater des Kindes ein monatliches, begleitetes Umgangsrecht mit diesem eingeräumt hat. Ihre Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde als unzulässig zurückgewiesen. Die gegen die Zurückweisung gerichtete Rechtsbeschwerde der Pflegeeltern hatte keinen Erfolg.
Das Kind lebt seit sieben Jahren in Familienpflege bei den Pflegeeltern mit dem Ziel der Adoption. Die nicht verheiratete Mutter des Kindes war ein Jahr nach der Geburt gestorben, die Vaterschaft des Vaters wurde drei Jahre nach der Geburt des Kindes rechtskräftig festgestellt. Ein Jahr später begannen die jeweils dreistündigen monatlichen Umgangskontakte des Vaters. Eineinhalb Jahre später wurden die Umgangskontakte gerichtlich auf sechs Stunden monatlich ausgeweitet. Hiergegen wendeten sich die Pflegeeltern mit dem Ziel, die Umgangskontakte ganz zu beenden. Die gerichtliche Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption des Kindes durch die Pflegeeltern ist zwischenzeitlich erfolgt. Das Kreisjugendamt ist noch Vormund des Kindes.
Den Pflegeeltern steht kein Beschwerderecht gemäß § 20 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegen den Beschluss des Amtsgerichts zur Regelung des Umgangsrechts zu. Durch die Umgangsregelung werden sie nicht in einem subjektiven Recht verletzt. Ein berechtigtes Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung allein genügt nicht.
Von Verfassungs wegen ist es nicht geboten, den Pflegeeltern ein eigenes Beschwerderecht einzuräumen, das sich gegen die Einräumung eines Umgangsrechts des Kindes mit seinen biologischen Eltern richtet. Bei der Abwägung der Elternrechte mit eventuellen Rechten oder Interessen der Pflegepersonen ist zunächst vom natürlichen Recht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder auszugehen. Wird ein Kind gegen den Willen der Eltern in Pflege gegeben, ist dies der stärkste vorstellbare Eingriff in das Elternrecht des Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz. Andererseits ist auch die Pflegefamilie durch Artikel 6 Absatz 1 und 3 Grundgesetz geschützt. Sie hat gemäß § 1632 Absatz 4 Bürgerliches Gesetzbuch die Möglichkeit, sich gegen die Herausnahme des Kindes aus seiner sozialen Familie mit einer Verbleibensanordnung zu wehren.
Da das Kind weiterhin in der Pflegefamilie verbleiben soll, greift eine Umgangsregelung hier aber nicht in das verfassungsmäßig geschützte Recht der Pflegeeltern auf Fortdauer des Pflegeverhältnisses ein und beeinträchtigt ihre Rechtsstellung nicht unmittelbar. Das Umgangsrecht des Vaters steht aber unter dem besonderen Schutz des Artikel 6 Grundgesetz und gewinnt im vorliegenden Fall gemäß § 1684 Bürgerliches Gesetzbuch noch zusätzlich an Bedeutung angesichts der Tatsache, dass dem biologischen Vater nach dem Tod der Mutter die elterliche Sorge nicht übertragen wurde.
Auch das Recht der Pflegeeltern, über die Angelegenheiten des täglichen Lebens selbst zu entscheiden, wird durch eine Entscheidung zum Umgangrecht nicht unmittelbar berührt und erstreckt sich auch nicht auf die Vertretungsbefugnis des Pflegekindes im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens über das Umgangsrecht.
Die Entscheidung über den Umgang mit dem Vater richtet sich nicht gegen die Pflegeeltern, sondern gegen das Kreisjugendamt als Vormund des Kindes. Sie ist daher auch nicht gegen die Pflegeeltern vollstreckbar, sondern bindet den Vormund und wirkt sich letztlich nur mittelbar auf die Pflegeeltern aus. Auch insoweit greift der Umgangsbeschluss nicht unmittelbar in die Rechte der Pflegeeltern ein und verleiht ihnen kein Recht zur Anfechtung.