Anforderungen an die Übertragung der elterlichen Sorge
Oberlandesgericht Hamm
Beschluss vom 25.08.1998
Norm: § 1671 Abs. 2 BGB, § 1687 BGB
Schlagworte:
Alleinige Sorge, gemeinsame Sorge, trennungsbedingte Spannungen zwischen den Eltern, Wohl des Kindes, Prognose auf der Grundlage des bisherigen Verhaltens der Eltern
Redaktionelle Zusammenfassung
Im Scheidungsverfahren wurde der Mutter die alleinige Sorge für die Kinder übertragen. Hiergegen legte der Vater mit Erfolg Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht entschied, dass es bei der gemeinsamen Sorge der Eltern bleibe.
Das Oberlandesgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein als gesetzestechnische Ausnahme gegenüber dem Regelfall des Fortbestehens der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgestaltet sei.
Die Kinder leben bei der Mutter, womit der Vater einverstanden ist.
Die Befürchtung der Mutter, der Vater werde sich in Zukunft in alle Angelegenheiten einmischen, hielt das Oberlandesgericht vor dem Hintergrund des bisherigen Verhaltens des Vaters für unbegründet. Nach § 1687 Bürgerliches Gesetzbuch sei gewährleistet, dass die Mutter als betreuender Elternteil in den alltäglichen Angelegenheiten allein entscheidungsbefugt ist.
Soweit die Mutter aufgrund der durch die Trennung der Eltern bedingten Spannungen ein Unbehagen empfindet, sich mit dem Vater gelegentlich über wesentliche Fragen der Erziehung abstimmen zu müssen, ist dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht ausreichend, um eine Alleinsorgeregelung nach § 1671 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch zu treffen. Konkrete Beispiele, dass der Vater ihr bei der Betreuung und Erziehung der Kinder in irgendeiner Weise Schwierigkeiten macht, konnte die Mutter nicht vorbringen.
Das Oberlandesgericht prüfte, ob die Aufhebung der elterlichen Sorge im vorliegenden Fall dem Kindeswohl am besten entspricht.
Dies ist nur dann der Fall, wenn zwischen den Eltern erhebliche Streitigkeiten bestehen und aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft zu erwarten ist, dass sich diese Konflikte nach der Trennung fortsetzen und zum Nachteil der Kinder auswirken. Diese Prognose kann naturgemäß nur auf der Grundlage des bisherigen Verhaltens der Eltern erfolgen, wobei nach Ansicht des Oberlandesgerichts zu beachten ist, dass trennungsbedingte Spannungen zwischen den Eltern in der Regel schnell abgebaut werden und somit der Ausübung der elterlichen Sorge nicht grundsätzlich entgegenstehen.
Das Oberlandesgericht kam deshalb zu dem Schluss, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge für das Wohl der Kinder nicht das Beste sei.
Diese Entscheidung im Original nachlesen
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j1998/2_UF…
Die Entscheidung erging kurz nach Inkrafttreten der Kindschaftsrechtsreform. Zum Regel-Ausnahme-Verhältnis von gemeinsamer elterlicher Sorge und Alleinsorge vergleiche den Beschluss des BGH vom 29.09.1999 (XII ZB 3/99)