Berlin, 30. Juni 2023. Die UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Reem Alsalem, stellte vergangenen Freitag in Genf dem UN-Menschenrechtsrat ihren Bericht „Custody, violence against women and violence against children“ öffentlich vor. In diesem Bericht kritisiert sie die große Gefährdung von gewaltbetroffenen Müttern und Kindern vor Familiengerichten durch die pseudowissenschaftliche „Eltern-Kind-Entfremdung“ und vergleichbaren Konzepten, da in Folge der Schutz vor Gewalt nicht greift.
In ihrer Rede benennt Alsalem diese bestehende Praxis an Familiengerichten gegenüber gewaltbetroffenen Müttern und Kindern als Menschenrechtsverletzung. Dieses Phänomen sei weltweit zu beobachten, auch in Deutschland. Alsalem führte aus, wie beunruhigend u.a. die Anordnungen von Gerichten sind, ein Kind zu einem misshandelnden Elternteil zurückzubringen, weil der Kontakt zu diesem Elternteil als wichtiger erachtet werde als alle anderen Überlegungen, einschließlich der Sicherheit des Kindes. Alsalem empfahl in Genf die konsequente Umsetzung von Artikel 31 der Istanbul-Konvention, um die Menschenrechtsverletzungen gegenüber gewaltbetroffenen Müttern und Kindern in Familiengerichten zu beenden.
Hierzu sagt Stefanie Ponikau, stellvertretende Vorsitzende vom bundesweiten Verein MIA – Mütterinitiative für Alleinerziehende: „Auch in Deutschland bestehen gravierende Lücken im Gewaltschutz in gerichtlichen Verfahren zum Sorge- und Umgangsrecht aufgrund des Anwendens von Pseudokonstrukten wie der Eltern-Kind-Entfremdung. Bemerkenswert ist, dass die deutsche UN-Delegation sich, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten, zum Bericht von Reem Alsalem mit keinem Wort geäußert hat. Auch aus der Bundesregierung kam dazu kein Kommentar.“
Daniela Jaspers, Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. (VAMV), ergänzt: „Das Problem scheint entweder nicht erkannt oder ignoriert zu werden. Die Politik muss endlich hinschauen, das Ausmaß empirisch erfassen und gegensteuern!“