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Sorgerecht: Entscheidung nach Aktenlage macht Kinder zu Verlierern der Reform

Berlin, 31. 1. 2013. Bei der Neuregelung des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern hat sich Ideologie statt Fachwissen durchgesetzt. Der Bundestag entscheidet heute über ein schriftliches Schnellverfahren, nach dem Familiengerichte über das Sorgerecht entscheiden sollen, ohne jemals die Eltern zu Gesicht zu bekommen. Dieses schriftliche Verfahren war in der Experten-Anhörung im Bundestag vergangenen November glatt durchgefallen. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) lehnt das schriftliche Schnellverfahren ab und fordert stattdessen, weiterhin das Kindeswohl durch eine Einzelfallprüfung sicher zu stellen.

"Das Gesetz ist ein Rückschritt für das gesamte Kindschaftsrecht", kritisiert Edith Schwab, Vorsitzende des VAMV. "Bislang ist die Kindeswohlprüfung das Herzstück. Diese Prüfung durch ein ideologisches Leitbild zu ersetzen - die gemeinsame Sorge sei immer das Beste -, geht an der Realität der betroffenen Kinder vorbei: Wird das gemeinsame Sorgerecht trotz Konflikten und mangelnder Kooperation erzwungen, wird das dem Kind mehr schaden als gut tun. Wir sind entsetzt, dass der Gesetzgeber Ideologie über das Kindeswohl stellt."

Nicht miteinander verheiratete Eltern haben bereits seit 1998 die Möglichkeit, eine gemeinsame Sorgeerklärung abzugeben. Mit über 60 Prozent entscheidet sich der Großteil dieser Eltern bereits für eine gemeinsame Sorgeerklärung, eine positive Entwicklung. Der Gesetzgeber sollte hier auf bessere Information und Beratung setzen. Bei Elternkonflikten hat der Gesetzgeber mit dem Antragsmodell grundsätzlich den richtigen Weg eingeschlagen. Das schriftliche Schnellverfahren führt allerdings in die Irre: Ein Verfahren, welches das Verpassen einer Sechs-Wochen-Frist oder eine schwache schriftliche Ausdrucksfähigkeit zur Grundlage der Sorgerechtsentscheidung macht, wird dem Kindeswohl nicht gerecht.

"Beim Sorgerecht muss das Wohl des Kindes Maßstab bleiben, nicht eine formale Aufteilung der Rechte am Kind. Der Gesetzgeber muss nachbessern, sonst werden gerade die Kinder, die in eine konflikthafte Elternbeziehung hineingeboren werden, Verlierer der Reform werden", fordert Schwab.