Mütter sollen widersprechen
Vorschlag der Justizministerin zur Neuregelung der
elterlichen Sorge für Alleinerziehende nicht akzeptabel
Berlin, 14. Januar 2011. Mit ihrem so genannten "Kompromissvorschlag" für die Regierungskoalition begibt sich Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in eine rechtssystematische Außenseiterposition. Mütter von nichtehelichen Kindern sollen in Zukunft innerhalb von 8 Wochen nach der Geburt widersprechen, wenn sie die gemeinsame Sorge mit dem Vater des Kindes nicht wollen. Dann müssen sie außerdem begründen, warum die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht. Halten sie die Widerspruchsfrist nicht ein, tritt automatisch die gemeinsame Sorge in Kraft.
"Diese Regelung stünde im Widerspruch zur geltenden Rechtspraxis im Kindschaftsrecht. Bei einer Antragsstellung gegen den Willen der Mutter eine "Fristenlösung" einzuführen, ohne Überprüfung der Argumente der Mutter und des Kin-deswohls stünde außerhalb der Rechtssystematik. Die schlichte Versäumnis einer Frist könnte fatale Folgen für Mutter und Kind haben", so Edith Schwab, Vorsitzende des VAMV und Fachanwältin für Familienrecht.
Hinzu kommt, dass Mütter direkt nach der Geburt nicht immer und jederzeit in der Lage sind, sich um formale Angelegenheiten zu kümmern. Sie sind mit ihrem Neugeborenen beschäftigt und müssen sich häufig auf eine völlig neue Lebenssituation einstellen. Sie brauchen eventuell auch erst einmal einen Eindruck davon, wie und ob es mit dem Vater des Kindes, mit dem sie nicht verheiratet sind, möglich ist, wichtige Entscheidungen, die das Kind betreffen, gemeinsam zu treffen. Dazu ist eine regelmäßige und einvernehmliche Kooperation zwischen den Eltern notwendig, die gerade bei getrennt lebenden Paaren nicht automatisch und schon gar nicht innerhalb einer Frist zu bewerkstelligen ist.
"Dass Väter ein Klagerecht haben, wenn sie das gemeinsame Sorgerecht gegen den Willen der Mütter haben wollen, ist selbstverständlich und auch logisch. Darum muss die Rechtsfolge auch von ihrem Handeln vor Gericht abhängen und nicht ohne gerichtliche Prüfung von statten gehen", kommentiert Edith Schwab. "Mütter, die dem gemeinsamen Sorgerecht nicht zustimmen, haben in der Regel sehr gute Gründe dafür. Ob diese Gründe vor Gericht standhalten, unterliegt der richterlichen Überprüfung."
Der VAMV hat einen Gesetzesvorschlag für den § 1626 a BGB vorgelegt, in dem Kriterien geprüft werden müssen, damit Väter die gemeinsame Sorge im Sinne des Kindeswohls verantwortungsvoll wahrnehmen können: Das Kind muss eine Bindung zum Vater haben, d.h. er muss zumindest eine ausreichend lange Zeit mit dem Kind zusammengelebt haben. Der Barunterhalt für das Kind sollte regelmäßig und in ausreichender Höhe bezahlt werden, damit die existentiell notwendigen Kosten gedeckt sind. Bei jeder Form von Gewaltanwendung gegen die Mutter oder das Kind kommt eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht.
Der VAMV fordert den Gesetzgeber auf, ein Antragsverfahren ohne Ausschlussfristen zur Erlangung der gemeinsamen Sorge einzuführen und damit der Lebensrealität der alleinerziehenden Mütter Genüge zu tun.