Der VAMV bleibt dabei: Ohne Kindeswohl kein gemeinsames Sorgerecht
Berlin, 5. Juni 2012. Für eine gute Entwicklung von Kindern ist nicht die Form des Sorgerechts entscheidend, sondern die Fähigkeit ihrer Eltern zur konstruktiven Zusammenarbeit in Fragen der Erziehung. Die geplante Neuregelung des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern gibt deshalb Anlass zur Sorge, denn auch bei Konflikten soll in einem schriftlichen Schnellverfahren das gemeinsame Sorgerecht zugewiesen werden. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) kritisiert deshalb den vorliegenden Referentenentwurf und sieht dringenden Nachbesserungsbedarf.
Die Fachtagung des VAMV "Gemeinsame Sorge - geteilte Verantwortung? Rechte und Pflichten in der Alltagspraxis" am 2. Juni in Berlin machte unter anderem den aktuellen Referentenentwurf zum Thema: "Geben nicht miteinander verheiratete Eltern keine gemeinsame Sorgeerklärung ab, sind oftmals Konflikte der Grund. Ausgerechnet hier folgt der Gesetzgeber dem Leitbild, dass die gemeinsame Sorge immer das Beste für das Kind wäre und ignoriert somit wissenschaftliche Erkenntnisse", bemängelt Edith Schwab, VAMV-Bundesvorsitzende.
Die Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts, Prof. Dr. Sabine Walper, machte deutlich, dass intensive Konflikte zwischen Eltern ein bedeutsames Risiko für das Kindeswohl darstellen. Inwieweit solche Konflikte durch ein gemeinsames Sorgerecht vermieden werden können, sei fraglich. Umgekehrt begünstige eine tragfähige Partnerschaft die Entscheidung nicht miteinander verheirateter Eltern für das gemeinsame Sorgerecht.
Die ehemalige Justizsenatorin, Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, meldete Bedenken an, dass das geplante beschleunigte Verfahren lediglich Konflikte weiter schüre und Eltern in die nächste Instanz der gerichtlichen Auseinandersetzung ums Sorgerecht führe. Auch Prof. Dr. Ludwig Salgo kritisierte den vorliegenden Gesetzesentwurf scharf: Denn dieser gebe bewährte Grundsätze wie die Kindeswohlprüfung durch das Familiengericht sowie die Anhörung der Eltern und des Jugendamtes auf.
Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter fordert, das reguläre familiengerichtliche Verfahren beizubehalten, statt ohne Not den Amtsermittlungsgrundsatz und die mündliche Anhörung der Beteiligten auszuhöhlen. Auch eine Sechs-Wochen-Frist für die Stellungnahme der Mutter, die sechs Wochen nach einer Geburt endet, ist nicht akzeptabel. "Der Gesetzgeber darf die Kindeswohlprüfung als Herzstück des Kindschaftsrechts nicht über Bord werfen und muss nachbessern", fordert Schwab.