Betreuungsunterhalt: BGH sendet realitätsfremde Signale an die Untergerichte
Berlin, 2. Mai 2011. Schulanfänger können in einer Stunde täglich locker betreut und erzogen werden und Alleinerziehende brauchen keine Mittagspause. Dieses realitätsfremde Signal sendet der BGH in seinem jüngsten Urteil zum nachehelichen Betreuungsunterhalt an die Untergerichte. Anders kann das Urteil schon rein rechnerisch nicht interpretiert werden. Die Rechtsvereinheitlichung, die Alleinerziehende für ihre Lebensplanung dringend gebrauchen könnten, bewegt sich damit in lebensferne Bereiche.
"Der BGH hat mit seiner Pauschalaussage zur Möglichkeit vollschichtiger Arbeitstätigkeit, wenn ein Hortangebot bis 17 Uhr vorhanden ist, ein falsches Signal gesendet" kommentiert Edith Schwab, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter das Urteil."Neben einer Vollzeittätigkeit soll die Mutter in nur einer Stunde täglich die gesamte Erziehungs- und Betreuungsarbeit für ein Schulanfängerkind leisten. Grotesk wird es aber, da dies nach Ansicht des BGH nur einer betreuenden Mutter zuzumuten ist." O-Ton BGH: "Weil der Vater grundsätzlich vollschichtig erwerbstätig ist, wird es ihm auf Dauer nicht möglich sein, die Mutter auch an Werktagen von der weiteren Betreuung des Kindes zu entlasten!"
Schon die volle Berufstätigkeit während einer bis 17 Uhr dauernden Hortbetreuung ist eine realitätsfremde Just-in-time-Rechnung. Selbst bei optimistischen Wegezeiten von nicht mehr als einer halben Stunde wird eine alleinerziehende Mutter auf ihre Mittagspause verzichten müssen, um ihr Kind auch wirklich pünktlich abholen zu können. Abends bleibt für Mutter und Kind eine gemeinsame Stunde bis zum Abendessen und zur Bettzeit in der sie dann alles unterbringen müssen, was zur außerschulischen Betreuung gehört: Arztbesuche und Vorsorgetermine, Elternsprechtage, Gedichte lernen und für die nächste Klassenarbeit üben, denn das wird von der Hausaufgabenbetreuung im Hort nicht abgedeckt.
"Wenn die Mütter nach einem vollen Berufstag mit dem Kind am Bein noch einkaufen, kochen, waschen und putzen sollen, bleibt ihnen keine Zeit für ganz normale Zuwendung wie Gespräche und Spiele mit dem Kind. Von der eigenen Erholung ganz zu schweigen. Was der BGH dem voll berufstätigen Vater nicht zumuten will, sollte er auch der alleinerziehenden Mutter nicht aufbürden!" kritisiert Edith Schwab, Fachanwältin für Familienrecht.