Stellungnahme zum Koalitionsvertrag
Beitrag zum KoalitionsvertragBerlin, 23.6.2025. Der VAMV sieht in verschiedenen Politikfeldern massiven Reformbedarf, um die Lebenssituation von Alleinerziehenden und ihren Kindern zu verbessern. Die Bilanz zum vorliegenden Koalitionsvertrag fällt gemischt aus. Einerseits haben sich die Koalitionsparteien auf begrüßenswerte Ziele und Vorhaben geeinigt. Diese haben das Potential, Verbesserungen für Einelternfamilien zu bringen – etwa beim Unterhaltsvorschuss, der steuerlichen Entlastung Alleinerziehender, durch Reformen im Unterhaltsrecht oder dem Sicherstellen des Gewaltschutzes an der Schnittstelle zu Umgangs- und Sorgerecht. Andererseits sind viele Vorhaben vage formuliert und stehen grundsätzlich unter Finanzierungsvorbehalt. Ob sie tatsächlich eine Verbesserung für Alleinerziehende bringen, muss sich noch zeigen.
Zudem ist problematisch, dass wichtige Ziele des Koalitionsvertrags wie eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Bekämpfung von Kinderarmut durch einzelne geplante Maßnahmen massiv konterkariert würden: Denn von einer Flexibilisierung der täglichen Arbeitszeit ist faktisch ein Rückschritt für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Gleichstellung von Müttern und Vätern zu erwarten. Die Wiedereinführung umfassender Sanktionen in der Grundsicherung und die Abschaffung der Karenzzeit bei Unterkunftskosten über der Angemessenheitsgrenze gefährden „nebenbei“ auch die Existenzsicherung von Kindern.
Der VAMV mahnt, die nur hälftige Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsvorschuss mit einer im Bundeshaushalt sicher gestellten Finanzierung umzusetzen, damit Alleinerziehende und ihre Kinder Armutslagen leichter überwinden können. Eine Refinanzierung durch den Rückgriff ist aus Sicht des VAMV unrealistisch. Im Steuerrecht muss der heutige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu einer Steuergutschrift weiterentwickelt werden, von der Elternelternfamilien mit kleinen und mittleren Einkommen profitieren. So werden auch diejenigen erreicht, die mehr Unterstützung am dringendsten brauchen.
Es gilt außerdem, die Reformen im Familienrecht so fortzuführen, dass Kinder in allen Umgangsmodellen durch einen substanziellen Unterhalt ggf. bei beiden Eltern gut versorgt sind und der Gewaltschutz in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren Vorrang hat. Miterlebte Gewalt gegen den hauptbetreuenden Elternteil ist immer auch Gewalt gegen das Kind. Grundlegend dafür ist aus Sicht des VAMV eine gesetzliche Fortbildungspflicht für alle am Verfahren beteiligten Professionen nach verbindlichen Curricula durch zertifizierte Anbieter, um wissenschaftlich fundierte Inhalte zu garantieren und eine Haltung zu fördern, die kindzentriert und gewaltsensibel ist.
Der VAMV ruft die neue Bundesregierung auf, Investitionen in Familien als Investitionen in die Zukunft zu begreifen und in relevanten gesellschaftlichen Bereichen wie dem Sozialrecht, dem Steuerrecht, dem Arbeitsrecht, der Bildung und Kinderbetreuung oder dem Familienrecht entschlossen Reformen auf den Weg zu bringen.
Die ausführliche Stellungnahme finden Sie unten als Download.